Interfraktionelle Anfrage DIE LINKE/GRÜNE: Derzeitige und zukünftige Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche in Karlsruhe

Anfrage:

  1. Wie viele Kliniken und niedergelassene Ärzt*innen führen derzeit in Karlsruhe Schwangerschaftsabbrüche durch? Welche Methoden (medikamentös / operativ-absaugen / operativ-ausschaben) bieten sie an?
    • Wie viele davon führen Abbrüche nach der Beratungsregel durch?
  2. Wird von den durchführenden Ärzt*innen ein erweiterter Raumbedarf beispielsweise für OP-Räume angemeldet, mit denen sie ihr Angebot ausweiten könnten?
  3. Wie groß ist das Einzugsgebiet, das durch die Karlsruher Ärzt*innen abgedeckt werden muss?
  4. Wie lange sind die Wartezeiten, bis ein Termin zustande kommt? Wie lange sind die Wartezeiten im Wartezimmer?
  5. Wie wird die Versorgungslage in Zukunft prognostiziert in Hinblick auf die Pensionierung von Ärzt*innen?
  6. Nimmt das Städtische Klinikum Abbrüche vor (bei medizinischer/ kriminologischer Indikation)?
  7. Nimmt das Städtische Klinikum Abbrüche nach Beratungsregelung vor?
    • Falls nein, wieso nicht?
    • Ist es geplant, in Zukunft Räumlichkeiten und Stellen am Städtischen Klinikum für Abbrüche nach Beratungsregelung zur Verfügung zu stellen? Falls nein, wieso nicht?
  8. Gab es innerhalb der letzten Jahre Anfeindungen gegen ortsansässige Ärzt*innen und Einrichtungen wegen ihres Angebots Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen oder den Beratungsschein auszustellen?
  9. Gibt es Konzepte, um im Fall einer Bedrohung von Beratungsstellen und Arztpraxen (wie etwa in Pforzheim) zu reagieren?
  10. Wo können sich Frauen* über das Angebot in Karlsruhe und das medizinische Verfahren niedrigschwellig informieren? Wie trägt die Stadt zur Information bei?
  11. Wie viele Beratungsstellen gibt es in Karlsruhe, die Beratungsscheine ausstellen und in welcher Trägerschaft?
    • Wird der Schlüssel nach §4 SchKG eingehalten?
    • Wie groß ist das Einzugsgebiet?
  12. Was tut die Stadt dafür, dass das Land seiner Verpflichtung nach §13 Abs. 2 SchKG in Karlsruhe nachkommt?
  13. Welche Maßnahmen sind bisher von der Stadt getroffen worden und sind für die Zukunft für eine wohnorts- und zeitnahe Versorgung geplant?
  14. Welche Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen und der Versorgungslage wurden bisher von der Stadt Karlsruhe erhoben oder ausgewertet?

Sachverhalt/Begründung

Jede vierte Frau* in Deutschland entscheidet sich im Schnitt ein Mal in ihrem Leben für den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft. Schwangerschaftsabbrüche stellen damit einen der am häufigsten durchgeführten gynäkologischen Eingriffe dar. Gleichzeitig gibt es wenig gesicherte Daten zur medizinischen Versorgungslage.

So kritisiert etwa ProFamilia: „Eine bedarfsdeckende Versorgung ist vom Gesetzgeber explizit gewollt, wird allerdings nicht überprüft.“ Dabei sollte der wohnortnahe Zugang zu medizinischer Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen eine Selbstverständlichkeit sein. Auch die Wahlfreiheit bezüglich der Methode muss gewährleistet werden. Ob ein Schwangerschaftsabbruch medikamentös oder operativ durchgeführt wird, darüber darf nicht das Angebot entscheiden!

Angesichts der mangelnden Datenlage gibt es keine Gewissheit, inwiefern dies für alle Frauen gewährleistet ist. Auch hinsichtlich der Qualität der Versorgung gibt es zu wenige Informationen. Die Länder haben nach §13 Abs. 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetztes die Aufgabe, eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Stadt Verantwortung übernehmen. Dazu gehört, dass an Städtischen Kliniken Schwangerschaftsabbrüche bei ungewollter Schwangerschaft vorgenommen werden. Auch städtische Einrichtungen sollen so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Es geht um mehr als eine medizinische Frage. Die Entscheidung ob, wann und wie viele Kinder eine Frau* möchte, gehört zu den intimsten und weitreichendsten für das eigene Leben. Gnadenhalber, in gewissen Grenzen, einen Schwangerschaftsabbruch nicht zu verfolgen (wie es die derzeitige Gesetzeslage tut), spricht Frauen* ihre Mündigkeit in dieser Frage ab. Dabei kann niemand die eigene Situation so gut beurteilen wie die Betroffene selbst.

Solange seitens des Bundes keine Veränderungen eintreten, muss auf kommunaler Ebene das Recht auf Familienplanung durch eine gute Versorgung sichergestellt werden. Frauen* schließt ausdrücklich auch Trans- und nichtbinär-geschlechtliche Bürger*innen ein.

Unterzeichnet von:

Mathilde Göttel, Karin Binder DIE LINKE

Zoe Mayer, Jorinda Fahringer GRÜNE

Die Anfrage wurde auf der Gemeinderatssitzung am 24.03.2020 unter TOP 52 behandelt.

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