Einbürgerung von „Curveball“ in Karlsruhe


Anfrage:

  1. Seit wann lebt Rafid al-J., öffentlich bekannt unter dem Decknamen „Curve-ball“, in Karlsruhe und wann wurde er eingebürgert?
  2. Waren der Stadtverwaltung zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Identität von Rafid al-J. sowie seine Verwicklung in den Irak-Krieg bekannt?
  3. Erfüllte Rafid al-J. die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung in Deutschland?
  4. Hat die Stadtverwaltung bei der Einbürgerung von Rafid al-J. die gleichen Routineprüfungen durchgeführt wie bei anderen Einbürgerungsverfahren in Karlsruhe?
  5. Was wurde seitens der Stadtverwaltung unternommen, um die Identität Ra-fid al-J.‘s zu überprüfen? Wurde hierbei Unterstützung durch die Polizei eingeholt, wie dies bei anderen Einbürgerungsverfahren üblich ist?
  6. Was wurde seitens der Stadtverwaltung unternommen, um die Einkommenssituation von Rafid al-J. zu überprüfen?
  7. Hatte die Stadtverwaltung im Zuge des Einbürgerungsverfahrens Kenntnis darüber erlangt, dass Rafid al-J. über eine Scheinfirma vom BND regelmä-ßig Geld erhielt? Welche Rollte spielte dieses vermeintliche „Arbeitsverhältnis“ bei der Einbürgerung?
  8. Wie beurteilt die Stadtverwaltung die Einbürgerung von Rafid al-J. in Karls-ruhe vor dem Hintergrund, dass „Curveball“ durch gezielte Verbreitung von Fehlinformationen maßgeblich am Zustandekommen des Irak-Kriegs betei-ligt war?
  9. Hätte seitens der Einbürgerungsbehörde die Möglichkeit bestanden, Rafid al-J. eine Einbürgerung zu verweigern?

 

Sachverhalt/Begründung:

Wie am 02.12.2010 in der ARD berichtet, lebt in Karlsruhe ein Mann, der durch gezielte Falschinformationen an den BND maßgeblich am Zustandekommen des Irakkriegs beteiligt war. Der als „Curveball“ in den Medien bekannte Rafid al-J. hat heute einen deutschen Pass und wurde von der Karlsruher Stadtverwaltung eingebürgert. Die von „Curveball“ im Vorfeld des Irakkriegs gelieferten Informationen über biologische Massenvernichtungswaffen und deren Produktionsstätten im Irak lieferten der US-Regierung einen vermeintlichen Kriegsgrund. Sowohl US-Präsident Bush als auch Außenminister Powell stützten sich bei Kriegsbeginn auf „Curveballs" Aussagen, die der US-Regierung durch den BND übermittelt worden waren. Die von „Curveball“ gelieferten Informationen erwiesen sich jedoch im Nach-hinein als frei erfunden. Dennoch wurde „Curveball“ den ARD-Informationen zufolge vom Bundesnachrichtendienst weiterhin jahrelang über eine Scheinfirma mit Geld versorgt und auch betreut.

 Die GRÜNE Fraktion verurteilt diese Sonderbehandlung eines Fehlinformanten durch den BND aufs Schärfste. Auch fragen wir uns, wie es dazu kommen konnte, dass „Curveball“ heute – mit einem deutschen Pass ausgestattet – unbehelligt in Karlsruhe lebt. Deshalb möchten wir wissen, ob für die Stadtverwaltung die Möglichkeit bestanden hätte, Rafid al-J. die Einbürgerung zu verweigern. Wegen des übergeordneten öffentlichen Interesses an diesem Fall sieht die GRÜNE Fraktion keinerlei Anlass, wegen datenschutzrechtlicher Erwägungen zugunsten von Rafid al J. eine öffentliche Antwort auf unsere Anfrage zu verweigern. Für den Fall, dass die Stadtverwaltung hierzu eine andere Einschätzung hat, bitten wir jedoch darum, die Fragen zunächst getrennt in einem öffentlichen und einem nichtöffentlichen Teil zu beantworten.

Unterzeichnet von:

Bettina Lisbach, Anne Segor, Michael Borner, Dr. Dorothea Polle-Holl, Tanja Kluth

Stellungnahme der Stadtverwaltung vom 15.03.2011
 

Verwandte Artikel