Wirkungsvolle Maßnahmen gegen Wohnungsnot: Baugebot, Ankauf leerstehender Wohngebäude sowie Unterstützung der Grundsteuer C

Antrag

  1. Die Stadtverwaltung berichtet, welche zusätzlichen Ressourcen, vor allem Personal, erforderlich sind, um die beim Akteurstreffen Wohnungsbau 2018 vorstellten Projekte fristgerecht und ggf. beschleunigt umzusetzen. Sie erläutert, welche Vorschläge sie aus dem Akteurstreffen weiterverfolgen wird.
  2. Sie prüft angesichts des dramatischen Wohnungsmangels in Karlsruhe die Anwendung des Baugebots nach § 176 Baugesetzbuch, um den Wohnungsbau auf innerstädtischen Baulücken zu forcieren.
  3. Die Stadtverwaltung geht proaktiv auf Eigentümer*innen von leerstehenden Wohnimmobilien zu, um diese wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen. Bei Bedarf und Wirtschaftlichkeit gibt die Stadtverwaltung ein Gebot auf Gebäude und Grundstück ab.
  4. Sie setzt sich über den Städtetag bei Land und Bund dafür ein, dass im Rahmen der Grundsteuerreform den Kommunen mit einer Grundsteuer C die Möglichkeit von steuerlichen Anreizen zur Mobilisierung baureifer Grundstücke gegeben wird.

Sachverhalt/Begründung

Die Wohnungsnot in Karlsruhe ist kontinuierlich gewachsen und wird weiter steigen. Wie beim Akteurstreffen Wohnungsbau am 25.11.2018 dargelegt wurde, sind zwischen 2012 und 2016 jährlich rund 3.200 Einwohner*innen zugezogen. Die Quote ging 2017 erstmals auf 1.500 Zuzüge zurück, aber die Zahl der Haushalte wächst weiter stark an. 2017 lag das Nettowachstum bereits bei 1.800 Haushalten. Diesem enormen Nachfrageanstieg hinkt die Bautätigkeit seit Jahren hinterher. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage hat zu einem erheblichen Anstieg der Miet- und Kaufpreise der Wohnimmobilien geführt. Somit ist das Thema Wohnen in den vergangenen Jahren immer stärker zu einer sozialen Frage geworden, wie dies auch im Bericht des Akteurstreffens 2018 detailliert beschrieben wird. Beim Akteurstreffen 2018 wurden die geplanten Änderungen der Landesbauordnung Baden-Württemberg und die Möglichkeiten von neuen und komprimierenden Wohn- und Arbeitswelten vorgestellt. Von der Leiterin des Stadtplanungsamts wurde eine Bilanz des Wohnungsbaus der vergangenen fünf Jahre gegeben, verknüpft mit einem Ausblick auf die Entwicklung der Projekte und ihre Umsetzung in den nächsten Jahren. Da bislang immer die fehlenden Personalressourcen als Ursachen für gravierende Verzögerungen bei Bauanträgen und die Beschleunigung von Bebauungsplanverfahren genannt wurden, wollen wir wissen, wie viele zusätzliche Stellen erforderlich sind, damit fristgerechte Umsetzungen und ggf. Beschleunigungen ermöglicht werden.

Wir Grüne haben bereits vielfältige Maßnahmen wie behutsame Innenverdichtung, sozialer Wohnungsbau, Erhaltungssatzungen, Stopp des Verkaufs städtischer Flächen, Ankauf von Flächen, Parkplatzüberdachungen sowie Dachgeschossausbau beantragt, um die Wohnungsnot abzumildern.

Unser städtisches Baulückenkataster zeigt, dass ein großes Potenzial für Wohnungsbau brach liegt. Trotz Kontaktaufnahme durch die Stadt und der Baulandbörse/Baulückenbörse gelingt es kaum, Eigentümer*innen für eine Wohnbebauung zu gewinnen. Für uns Grüne ist deshalb die Anwendung des Baugebots nach § 176 Baugesetzbuch ein wirkungsvolles Instrument, um die Bereitschaft von Grundstückseigner*innen zu stärken, entweder selbst Wohnungen zu bauen oder ihre Grundstücke zu verkaufen. Da es sich bei der Wohnungsnot um einen gravierenden sozialen Notstand handelt, greift die soziale Verpflichtung des Eigentums des Grundgesetzes. Deshalb muss dieses Instrument ernsthaft geprüft und bei sich zuspitzender Notlage auf dem Wohnungsmarkt genutzt werden. Dabei sollte das Vorkaufsrecht der Stadt in Anspruch genommen werden, um sozial verträgliche Mieten zu erreichen.

Bereits heute können leerstehende Gebäude der Verwaltung mitgeteilt werden. Im Rahmen der bestehenden Wohnraumakquise setzt die Stadt Karlsruhe schon lange auf eine enge Kooperation und Unterstützung von Eigentümer*innen solcher Gebäude. Kommt jedoch aus unterschiedlichen Gründen keine Einigung zu Stande, sollte die Stadt Karlsruhe ein Kaufangebot für Gebäude und Grundstück in Erwägung ziehen.

Im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform wird seit Jahren auch das Modell einer reinen Bodenwertsteuer diskutiert. Diese könnte dazu beitragen, die Spekulation von Grundstücken zu verringern und die Bereitschaft für die Bebauung oder den Verkauf der Baulückengrundstücke zu fördern. Eine starke Gewichtung des Flächenwertes hätte auch den Vorteil, dass Mieter*innen sowie Besitzer*innen von Geschosswohnungen gegenüber Besitzer*innen von Einfamilienhäusern mit großen Grundstücken tendenziell entlastet würden. Aktuell liegt außerdem ein Vorschlag zur Einführung einer Grundsteuer C vor. Damit sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, einen erhöhten Hebesatz für baureife Grundstücke einzuführen und so einen Anreiz zur Mobilisierung dieser Grundstücke für die Bebauung zu geben. Die Einführung dieser Möglichkeit, für die sich das Land Baden-Württemberg bereits im Vorfeld eingesetzt hatte, ist zu unterstützen. Insgesamt besteht für die Grundsteuerreform die Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung.

Unterzeichnet von:

Renate Rastätter            Christine Weber                    Zoe Mayer                 

Michael Borner                Verena Anlauf                        Tim Wirth

Der Antrag wurde unter TOP 22 der Gemeinderatssitzung vom 24. September 2019 behandelt.
Stellungnahme der Stadtverwaltung und Protokoll

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