Grabsteine ohne ausbeuterische Kinderarbeit – Änderung der Friedhofsatzung der Stadt Karlsruhe Interfraktioneller Antrag von GRÜNE, SPD und KAL:

  Der Gemeinderat beschließt folgende Änderungen an der Friedhofsatzung der Stadt Karlsruhe:

  • Im § 21 (Felder mit Gestaltungsvorschriften) wird ein neuer Passus mit folgendem Wortlaut eingefügt: Es dürfen nur Grabmale und Grabeinfassungen aufgestellt / verwandt werden, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt sind.
  • Im § 23 (Zustimmungserfordernis) wird ein neuer Passus mit folgendem Wortlaut eingefügt: Jedem Antrag auf Genehmigung eines Grabmals / einer Grabeinfassungen sind Nachweise über die Produktions-bedingungen nach der ILO- Konvention 182 beizufügen. Sie sind Voraussetzung für die Genehmigungs-fähigkeit.

Sachverhalt/Begründung

In Deutschland stammen 70 Prozent aller importierten Grabmale und 80 Prozent der Rohmaterialien aus Indien. Granit- und andere Natursteine werden in Indien und anderen Ländern des Südens oft mit Kinder- und Sklavenarbeit hergestellt. Es sollten daher Grabmale, die in so genannten Entwicklungsländern hergestellt worden sind, nur noch dann angeschafft und aufgestellt werden dür-fen, wenn der unabhängige Nachweis erbracht wird, dass sie aus zertifizierten Betrieben im Sinne der Konvention 182 der ILO (Internationale Arbeitsorganisation in Genf) stammen.

Gemäß dieser Konvention von 1999, die von Deutschland und weiteren 172 der 183 ILO-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, ist gefährliche Kinderarbeit verboten. Hierunter werden unter anderem das Tragen schwerer Lasten oder der Umgang mit gefährlichen Maschinen verstanden.

Bislang existieren nur Berichte aus Indien, aber man kann davon ausgehen, dass auch in anderen Ländern große Missstände in der Branche bestehen. Allein für Indien rechnet das Hilfswerk Misereor mit 150.000 Kindern, die in Steinbrüchen ausgebeutet werden. Die durch diese Form von Kinderarbeit hergestellten Produkte sind damit illegale Produkte und sollten auf dem Weltmarkt geächtet werden.

Um dies zu bewirken hat sich, unter der Leitung des ehemaligen Arbeits- und Sozialministers Norbert Blüm, das Xertifix Siegel etabliert. Xertifix bezahlt indische Gutachter dafür, dass sie Steinbrüche in Indien unangekündigt kontrollieren, die Arbeit beobachten und bewerten. Darüber hinaus sorgt Xertifix dafür, dass die Kinder aus den Steinbrüchen herausgeholt werden, eine Schule be-suchen können und betreut werden.

Sollte die Friedhofsatzung geändert werden, kommen laut Recherchen bei lokalen Steinmetzbetrieben hier in Karlsruhe folgende Mehrkosten auf die Kunden zu: Pro Tonne (t) ist mit Mehrkosten von ca. 3 bis 6 € plus MwSt. je nach Material zu rechnen. Für das durchschnittliche Grabsteingewicht eines Reihengrabes von ca. 150 bis 250 kg wären das also 45 Ct bis 1,50 EUR plus MwSt.

Ein entsprechender Antrag der GRÜNEN Gemeinderatsfraktion „Grabsteine ohne ausbeuterische Kinderarbeit bei der Herstellung“ vom 11. Dezember 2007 konnte, trotz der Bestrebung der Stadtverwaltung, ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 zu bekämpfen, aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt werden. Mittlerweile hat aber der baden-württembergische Landtag mit seinem Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes vom 20. Juni 2012 den Weg für eine rechtssichere Änderung frei gemacht.

Mit einer Satzungsänderung in ihrer Friedhofsordnung leistet die Stadt Karlsruhe wie viele andere Städte in Deutschland einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Kinderarbeit und für die Umsetzung der Agenda 21.

Unterzeichnet von:

Bettina Lisbach, Michael Borner (GRÜNE)

Doris Baitinger, Gisela Fischer (SPD)

Lüppo Cramer, Margot Döring (KAL)

Stellungnahme der Stadtverwaltung vom 19.09.2012

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