In den vergangenen Wochen wurden beim Amtsgericht Karlsruhe zahlreiche Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit der Nachttanzblockade am 15./16. Februar eingestellt. Bereits Mitte Mai hatten die Gemeinderatsfraktion der GRÜNEN sowie die Stadträt/innen von Linken und Freien Wählern die Stadtverwaltung per Brief aufgefordert, alle Bußgeldbescheide zurück zu nehmen. Dies war vom Oberbürgermeister aber strikt abgelehnt worden.
Anlässlich der Einstellung fast aller bisher zur Verhandlung stehender Bußgeldverfahren zur Nachttanzblockade im Februar wenden sich GRÜNE, Linke und Freie Wähler nun erneut mit einem Brief an den Oberbürgermeister. Darin fordern sie, dass die Stadt die aktuellen Entscheidungen des Amtsgerichtes zum Anlass nimmt, alle ergangenen Bußgeldbescheide schnellstens zurückzuziehen. Denjenigen, die das Bußgeld bereits bezahlt haben, muss dieses zurück erstattet werden.
Die Stadträt/innen weisen darauf hin, dass die Castor-Protest-Veranstaltung im Februar und auch die Blockade der Gleisanlagen durchweg friedlich vor sich gingen und dass viele von der Stadt in den Bußgeldbescheiden geltend gemachte Punkte sich im Nachhinein als völlig haltlos erwiesen hätten.
So hat sich beispielsweise bei den Verfahren vor dem Amtsgericht herausgestellt, dass der Öffentliche Nahverkehr durch die Protestaktion gar nicht behindert wurde, obwohl genau dies den Empfänger/innen der Bußgeldbescheide von der Stadt zur Last gelegt worden war, da auf dem entsprechende Gleisabschnitt gar keine S-Bahnen fahren können. Eine Person, die einen Bußgeldbescheid erhielt, konnte zudem nachweisen, dass sie zum im Bußgeldbescheid angegebenen Zeitpunkt noch gar nicht vor Ort war, eine andere, dass sie die Versammlung frühzeitig verlassen hat.
Ein anderes Verfahren wurde eingestellt, weil nach Einschätzung der Richterin die betroffene junge Frau durch die stundenlange In-Gewahrsamnahme in der Kälte der Winternacht bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bis um 7.00 Uhr früh bereits genug bestraft worden sei. Bedenklich stimmt auch, dass viele Betroffene nach dieser Erfahrung möglicherweise zukünftig davor zurückschrecken, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen.
„All dies macht deutlich, wie unangemessen die von der Stadtverwaltung ausgesprochenen Bußgeldbescheide sind“, so die Stadträt/innen. „Diese Fehlentscheidungen müssen dringend korrigiert werden, auch um einen zusätzlichen Imageschaden für die Stadt zu vermeiden.“
Die Unterzeicher/innen des Briefes weisen darauf hin, dass mit einer Rücknahme der Bußgeldbescheide unzählige weitere Widerspruchsverfahren vor dem Amtsgericht vermieden werden könnten, was allen Beteiligten helfen würde, unnötigen Zeit-, Energie- und Geldaufwand einzusparen.
Neben einer Rücknahme der Bußgeldbescheide ist es aber auch wichtig, dass Karlsruhe als Stadt des Rechts mit dem Versammlungsrecht verantwortungsvoll umgeht und den Rechten der Bürgerinnen und Bürger hohe Priorität einräumt. Deshalb set-zen sich GRÜNE, Linke und Freie Wähler für mehr Versammlungsfreundlichkeit in Karlsruhe ein und fordern die Stadtverwaltung auf, mit demokratischen und gewaltfreien Protestkundgebungen als Teil einer funktionierenden Demokratie konstruktiv umzugehen. Eine Gemeinderatsanfrage, die sich mit diesem Thema ausführlich befasst, wurde vor wenigen Tagen bei der Verwaltung eingereicht.
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