Interfraktioneller Änderungsantrag zu TOP 1 der Gemeinderatssitzung am 24.5.2011: Stellungnahme der Stadt zum Planfeststellungsverfahren für den Neubau der B10 neu (2. Rheinbrücke)

Antrag

     

  1. Punkt 1 der Verwaltungsvorlage wird folgendermaßen geändert: Der Gemeinderat nimmt die Planung des Regierungspräsidiums zur Kenntnis. Er spricht sich gegen den Bau einer zweiten Rheinbrücke wie vom Bund geplant aus. Der Gemeinderat hält unabhängig von dieser grundsätzlichen Ablehnung der jetzt vorgesehenen Trassenführung die vorgelegte Planung zudem zur Lösung der verkehrlichen Anforderungen für ungeeignet und beauftragt die Verwaltung, sowohl die grundsätzliche Ablehnung als auch die unter Ziff. 2 – 4 [der Verwaltungsvorlage] dargelegten Bedenken und Anregungen zur Planung als förmliche Einwendungen ins Verfahren einzubringen und darzulegen, dass aus Sicht der Stadt Karlsruhe eine komplette Planüberarbeitung bzw. Neuplanung auf alle Fälle notwendig ist.
  2. Die Planung eines Verkehrs-Torso mit Anbindung der zweiten Rheinbrücke an die Südtangente könnte mittelfristig den Weiterbau bis zur B 36 und damit den Einstieg in die Nordtangente-West erzwingen. Die Nordtangente-West wird von einer Mehrheit des Karlsruher Gemeinderates aber abgelehnt. In der Stellungnahme der Stadt muss das deutlich zum Ausdruck kommen.
  3. Folgende verkehrlich relevanten Punkte werden in die Stellungnahme der Stadt zusätzlich mit aufgenommen:
    1. Aufgrund der engen Verknüpfung der planerischen Belange auf beiden Seiten des Rheins, wird ein gemeinsames Planfeststellungsverfahren für erforderlich gehalten.
    2. Die der Planung zugrundeliegenden Prognosewerte sind unrealistisch. Schon der von Modus Consult berechnete Analyse-Nullfall für 2009 (82.600 Kfz/24 h) entspricht nicht den Verkehrszahlen aus dem Jahr 2009 mit 75.844 Kfz/24 h (DTV Mo-Fr). Hinzu kommen unrealistische Annahmen wie z.B. die Erhöhung des Pkw-Bestandes in Karlsruhe um 10 % trotz weitgehender Stagnation in den letzten zehn Jahren. Auch die angenommene Realisierung von Gewerbegebieten im Westen Karlsruhes ist angesichts der dort fehlenden Nachfrage wenig wahrscheinlich. Darüber hinaus sind erwartete und durch die Stadtbahn nach Germersheim bereits eingetretene Zuwächse im öffentlichen Verkehr nicht berücksichtigt. Die Verkehrs-Prognose von über 105.000 Kfz/24 h, die der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan zugrunde lag, war weit überhöht gegenüber der aktuell prognostizierten Zahl und erst recht gegenüber den noch geringeren tatsächlich zu erwartenden Verkehrsmengen.
    3. Die Rampen von der B10/Südtangente auf die neue Trasse sind nach Einschätzung von Verkehrsexperten nicht ausreichend leistungsfähig, um im Fall einer Sperrung der bestehenden Brücke den kompletten Umleitungsverkehr aufzunehmen.
    4. Eine Anbindung der zweiten Rheinbrücke an die B 36 ist nicht Bestandteil der aktuellen Planung und ihre Realisierbarkeit sowohl hinsichtlich der zeitlichen, finanziellen als auch politischen Rahmenbedingungen höchst fragwürdig. Ein Verkehrschaos am Ölkreuz bei der Zusammenführung von neuer Trasse und Südtangente über mehrere Jahre ist für Pendler, Wirtschaft und den sonstigen Verkehr nicht hinnehmbar.
    5. Die Planungsunterlagen weisen zahlreiche gravierende handwerkliche Mängel auf. Ein Bei-spiel ist die Planung im Bereich Einmündung in die Südtangente, für die im Erläuterungsbericht auf Seite 11 eine völlig andere Planung dargestellt ist als in den eigentlichen Plänen.
    6. Die vorgelegte Planung sieht streckenweise eine Dammlage von 13 m über Grund vor; niedrigste Höhe über Grund ist 5 Meter. Hier ist zumindest eine Aufständerung vorzusehen. Nur ein (aufwändiger) Tunnel unter dem Rhein bis zum Anschluss ans existierende Straßennetz könnte annäherungsweise die Forderung nach Erhalt des Naturraums erfüllen.
    7. Zur Forderung einer Ersatzbrücke wird ergänzt, dass die neue (Ersatz-)Brücke über Jahre vergleichsweise wenig Bauunterhalt benötigt und dass die Konstruktion mit zwei selbst-ständig tragenden Teilbrücken robuster und haltbarer ist als die heutige Brücke. Außerdem bietet die Ersatzbrücke aufgrund der Standstreifen mehr Verkehrssicherheit als die heutige Brücke und ist damit bei Unfällen oder Pannen leistungsfähiger.
    8. Die Bevölkerung, die in Maximiliansau an der B 10 wohnt, könnte durch wesentlich einfachere Maßnahmen wie z.B. Lärmschutzwände, Tempolimit deutlich stärker entlastet werden.
  4. Folgende für den Naturschutz relevanten Punkte werden in die Stellungnahme der Stadt zusätzlich mit aufgenommen:
    1. Hinweis, dass die Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit auf der alten UVS von 2005 basieren und dementsprechend zu überarbeiten und zu aktualisieren sind
    2. Auflistung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten im Untersuchungsgebiet, für die Bestandserhebungen fehlen bzw. unvollständig und/oder nicht hinreichend belastbar sind
    3. Auflistung der Arten und Lebensräume, für die eine unzutreffende Bewertung des Eingriffs und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen erfolgt ist
    4. Auflistung der Kompensationsmaßnahmen (inkl. der vorgezogenen CEF-Maßnahmen), die ungeeignet sind, um die zu erwartenden Beeinträchtigungen auszugleichen
    5. Auflistung erheblicher Beeinträchtigungen von gefährdeten Lebensräumen sowie von Tier- und Pflanzenarten, für die keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen sind
    6. Hinweis, dass es mit Parallel- und Ersatzbrücke zumutbare Alternativen für die geplante B 10 neu gibt, was einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung entgegen steht
  5. Vor einer Entscheidung im Planfeststellungsverfahren sind die Ergebnisse des öffentli-chen Faktenchecks bzw. der vom Gemeinderat der Stadt Karlsruhe geforderten und vom Regierungspräsidium in Aussicht gestellten Fach- und Sachschlichtung abzuwarten und in die Planung einzuarbeiten.

    Sachverhalt/Begründung

    Die von der Stadtverwaltung dargelegten Inhalte für die Karlsruher Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren B 10 neu (Zweite Rheinbrücke) werden von den Antragssteller/innen in wesentlichen Teilen begrüßt. In der Verwaltungsvorlage kommt deutlich zum Ausdruck, dass die vorgelegte Planung für die Stadt Karlsruhe erhebliche Nachteile bringt, ohne dass diese durch verkehrliche oder andere Vorteile kompensiert werden. Diese Auffassung teilen Brückengegner/innen und Befürworter/innen in Karlsruhe.

    Aus Sicht der Antrag stellenden Fraktionen und Stadträt/innen muss die Stellungnahme aber erneut hervorheben, dass der Karlsruher Gemeinderat den Bau einer zusätzlichen Straßenbrücke über den Rhein sowie einen daraus möglicherweise erzwungenen Einstieg in die Nordtangente-West ablehnt.

    Auch sollte noch deutlicher herausgearbeitet werden, dass die vorgelegten Planungsunterlagen gravierende Mängel und Widersprüche aufweisen. Dies macht eine komplette Überarbeitung bzw. Neubearbeitung der Planung erforderlich.

    Unterzeichnet von:

    Bettina Lisbach und Johannes Honné (GRÜNE)

    Doris Baitinger und Michael Zeh (SPD)

    Lüppo Cramer und Dr. Eberhard Fischer (KAL)

    Jürgen Wenzel und Eduardo Mossuto (Freie Wähler)

    Niko Fostiropoulos und Sabine Zürn (Linke)

    Friedemann Kalmbach (Gemeinsam für Karlsruhe)

    Es erfolgte keine Stellungnahme auf diesen Antrag. Der Antrag wurde im Gemeinderat mehrheitlich angenommen. Die Verwaltung wird den Antrag als Anlage zu ihrer Stellungnahme für das Regierungspräsidium beilegen.

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