Pressegespräch am 10.02.2011


Pressegespräch am 10.02.2011

Allgemeine Beurteilung der Lage

Die Haushaltslage der Stadt Karlsruhe muss immer noch als angespannt bezeichnet werden. In 2010 mussten erstmals seit Jahren wieder Kassenkredite i.H. von 30 Mio. € aufgenommen werden. Dies zeigt, dass die Liquiditätsreserven der Stadt aufgebraucht sind. Auch sieht der Haushaltsentwurf eine Verdoppelung der Schulden von derzeit 147 Mio. € auf 311 Mio. € bis Ende 2012 vor. Dennoch ist die finanzielle Entwicklung sehr viel positiver verlaufen, als noch im Sommer 2010 zu erwarten war. Wir gehen davon aus, dass dieser positive Trend weiter anhält, so dass auch das derzeit prognostizierte Defizite geringer ausfällt, als bisher im Haushaltsentwurf dargestellt.

Erste Hinweise darauf ergeben sich beispielsweise aus der Ankündigung der Bundesregierung, die Kommunen bei den Sozialausgaben zu entlasten. Für Karlsruhe bedeutet dies eine Entlastung von mind. 12 Mio. €, die von Oberbürgermeister Fenrich in seiner Haushaltsrede bereits angekündigt wurden, im bisherigen Haushaltsentwurf aber noch nicht berücksichtigt sind.

Wir gehen davon aus, dass aufgrund der verbesserten Haushaltslage eine Genehmigungsfähigkeit des Doppelhaushaltes durch das Regierungspräsidium gegeben ist, vermissen hierzu jedoch eine klare Stellungnahme des Regierungspräsidenten. Sollte die Genehmigungsfähigkeit nach den Haushaltsberatungen in Frage stehen, muss gezielt nach weiteren Einsparmöglichkeiten gesucht werden.

Kürzungen mit dem Rasenmäher lehnen wir aber in jedem Fall ab. Deshalb wollen wir die für 2012 vorgesehene Globale Minderausgabe aus dem Haushalt streichen.

Überflüssige Ausgaben

Wir kritisieren weiterhin, dass Unsummen städtischer Mittel in unnötige Projekte fließen, die wir abgelehnt haben und heute noch ablehnen. Dazu gehören die Wiedereinrichtung eines 6. Dezernats, die Investitionszuschüsse für den Baden Airpark von 1,3 Mio. € jährlich, die Messe, die den städtischen Haushalt mit 13 bis14 Mio. € jährlich belastet und auch die Kombilösung, die sich mit Millionenbelastungen auf zukünftige Haushalte auswirken wird.

Viele von uns kritisierten Projekte belasten unseren Haushalt dauerhaft und schränken unseren Handlungsspielraum enorm ein. Dennoch haben wir uns auch diesmal wieder bemüht, nicht nur Anträge für zusätzliche Ausgaben zu stellen, sondern auch Einsparvorschläge zu machen.

Anträge im Bereich Soziales, Bildung, Armutsbekämpfung

Die sozialen Netzwerke in Karlsruhe sind gut ausgebaut und müssen trotz knapper Kassen gestärkt und unterstützt werden. Prävention wirkt auf lange Frist ressourcensparend. Wir haben uns daher entschlossen, für einige ausgewählte und präventiv wirkende Sozialprojekte wie z.B. Freiwilligendienste, Beratungsstellen und Bildungsprogramme finanzielle Zuschüsse zu beantragen.

 Wir wollen den Karlsruher Pass um 100.000 € jährlich für Gesundheitsleistungen (z.B. für Praxisgebühr, Medikamentenzuzahlungen) erweitern.

Einen weiteren Schwerpunkt setzen wir bei der Schulsozialarbeit. Auf lange Sicht soll jede Schule eineN SchulsozialarbeiterIn bekommen. Damit dieses Ziel möglichst bald umgesetzt werden kann, wollen wir 12 zusätzliche halbe Stellen einrichten, die gemäß der aktuellen Prioritätenliste verteilt werden sollen.

Auch die Bildungsangebote der VHS wollen wir mit zusätzlichen Mitteln unterstützen und setzen dieses Mal den Schwerpunkt auf die Alphabetisierungskurse. Mit einem um ca. 7.000 € erhöhten Budget können die Angebote deutlich erweitert und die Teilnahmegebühren reduziert werden.

Die Arbeit des Arbeitslosenzentrums IKARUS ist zentral für viele Menschen in existenziellen Notlagen. Das Zentrum benötigt dringend finanzielle Unterstützung, um seine Arbeit im bisherigen Umfang fortsetzen zu können. Dies haben wir mit einem Haushaltsantrag über zusätzliche 5.000 € pro Jahr berücksichtigt.

Weitere Haushaltsanträge stellen wir u.a. zugunsten von Wildwasser und Frauennotruf, für zusätzliche Ausbildungsplätze im erzieherischen Bereich beim Stadtjugendausschuss und für die Teilzeitausbildung junger Mütter und Väter beim CJD.

Anträge im Bereich Klima- und Umweltschutz

Klima- und Umweltschutz müssen langfristig voran getrieben werden und dürfen in Zeiten knapper Kassen nicht vernachlässigt werden. Gerade der Klimaschutz rechnet sich auch monetär, da durch Energieeinsparungen Betriebskosten gesenkt werden können.

Zur weiteren Umsetzung des Karlsruher Klimaschutzkonzeptes beantragen wir Mittel für die Fortsetzung der Klimaschutzkampagne und für eine Aufstockung des Klimaschutzfonds. Auch fordern wir zusätzliche Mittel für energetische Sanierungen im Privatbereich sowie eine zusätzliche Fachkraft für die energetische Optimierung öffentlicher Gebäude beim Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft.

Zusätzliche Mittel fordern wir auch für die Umsetzung der Lärmaktionsplans. Der Haushaltentwurf sieht hier lediglich eine Lärmminderung im Bereich der westlichen Kriegsstraße vor. Wir wollen darüber hinaus 2 Mio. € zusätzlich einstellen für Lärmminderung entlang der Südtangente und der Durlacher Allee sowie für den Einbau von Rasengleis entlang verschiedener stark lärmbelasteter Straßenbahn-Strecken.

Für das Umweltamt beantragen wir die Einrichtung zweier zusätzlicher Stellen zur Koordination und Initiierung von Präventionsprojekten im Bereich Gesundheit und zur Kompensation von im Umweltamt bereits weggefallenen Stellen in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Agenda 21.

Außerdem beantragen wir die notwendigen Mittel zur Umstellung von Stadtverwaltung und Hausdruckerei auf Recyclingpapier. Die Mehrkosten von etwa 60.000 € jährlich sollen durch sparsameren Papiereinsatz ausgeglichen werden.

Sehr wichtig ist uns außerdem die Erneuerung der städtischen Fahrzeugflotte. Dies dient der Immissionsreduktion und trägt gleichzeitig zur Einsparung von Betriebskosten bei, so dass eine Amortisation nach wenigen Jahren erreicht werden kann.

Anträge im Bereich Kultur und Integration

Im Bereich Kultur haben wir schon immer großen Wert darauf gelegt, große und kleinere Einrichtungen gleichmäßig zu fördern und damit auch die kulturelle Vielfalt in unserer Stadt zu stärken und zu unterstützen.

Um neben der Kultur auch die Integration zu fördern, beantragen wir die Aufstockung des städtischen Kulturfonds um 15.000 € jährlich speziell für interkulturelle Projekte. Auch zur Unterstützung von Tempel und Kinemathek haben wir Haushaltsanträge gestellt. Das Fest der Völkerverständigung ist für uns eine große Bereicherung des multikulturellen Miteinanders und soll weiterhin durch städtische Mittel in Höhe von 7.000 € jährlich unterstützt werden.

Außerdem wollen wir das Menschenrechtszentrum weiter unterstützen, wobei wir den Schwerpunkt diesmal auf die Gesundheitsleistungen für Menschen ohne Krankenversicherung gesetzt haben.

Die Karlsruher Ausländerbehörde muss dringend personell aufgestockt werden, um ihren wichtigen und vielfältigen Aufgaben angemessen gerecht zu werden. Um die derzeitigen Engpässe zu beseitigen, beantragen wir zwei zusätzliche Stellen.

Unsere Sparanträge

Wir schlagen unter anderem Kürzungen im Bereich repräsentativer Jubiläumsveranstaltungen und bei den so genannten Premium-Workshops der Wirtschaftsförderung vor. Auch wollen wir, dass die Pressearbeit der Technologieregion nicht länger mit städtischen Haushaltsmitteln finanziert, sondern von der TRK selbst getragen wird.

Im Bereich der Investitionen wollen wir beim Umbau des Tullabads zum Exotenhaus knapp 2 Mio. € gegenüber dem ursprünglichen Ansatz einsparen. Einsparpotential von etwas 400.0000 € sehen wir zudem bei der sehr aufwändig geplanten Aufstockung des Stadtarchivs.

Für den Erwerb von Grundstücken wurden im Entwurf des Doppelhaushalts riesige Summen eingeplant, die uns unrealistisch und der Beschlusslage unangemessen erscheinen. Einen solchen Blankoscheck werden wir nicht ausstellen und wollen daher den eingestellten Betrag um insgesamt 17 Mio. € reduzieren. Diese Einsparung wirkt sich auch positiv auf die geplante Neuverschuldung und damit auf das ordentliche Ergebnis aus.

Verschieben wollen wir die Stadtausstellung, weil uns die bisher vorgelegten Konzepte noch zu vage sind und uns in vielen Punkten nicht überzeugen. Wir wollen die Jahre 2011/12 zunächst nutzen, um mit einem deutlich geringerem Haushaltsansatz von 50.000 € jährlich zunächst ein detailliertes und tragfähiges Konzept in Zusammenarbeit zwischen Stadtplanungsamt und KIT zu erarbeiten. Erst wenn dieses vorliegt, wollen wir Haushaltsmittel in größerem Umfang bereit stellen.

Auch das Verkehrsinformationssystem für die Südtangente ist aus unserer Sicht nicht dringend notwendig und kann angesichts der städtischen Haushaltslage zu einem späteren Zeitpunkt beschafft werden. V

or dem Hintergrund der insgesamt positiven Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung sowie angesichts der angekündigten Ausgleichszahlungen des Bundes für Sozialleistungen haben wir unsere Haushaltsanträge zum Doppelhaushalt maßvoll, aber optimistisch zusammengestellt. Wir hoffen, für viele unserer Ideen bei den anstehenden Haushaltsberatungen Mehrheiten zu finden. Bettina Lisbach, Fraktionssprecherin

Manfred Schubnell, Fachsprecher für Wirtschaft und Finanzen

Dr. Dorothea Polle-Holl, Fachsprecherin für Sozialpolitik

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