Anfrage
Wie neueren Quellen zu entnehmen ist (siehe Blick in die Geschichte, Dez. 2016), entspricht die Inschrift der Gedenktafel für die verstorbenen/ getöteten Zwangsarbeiter*innen nicht den historischen Gegebenheiten.
- Ist die Stadtverwaltung daher bereit, dieses Hinweisschild auszutauschen bzw. gegen eine anderweitige Hinweismöglichkeit zu ersetzen bzw. zu ergänzen?
- Wenn ja, in welchem Zeitrahmen soll dies erfolgen?
- Welche Erkenntnisse liegen der Stadtverwaltung über die auf Karlsruher Gemarkung liegenden „Arbeitserziehungslager“ vor?
Sachverhalt/Begründung
Auf einem Gräberfeld im separierten Teil des jüdischen Friedhofes liegen die sterblichen Überreste von 94 sowjetischen (drei davon evtl. polnischen) Zwangsarbeiter*innen. 1954 gestaltete die Stadt die Grabstätten gemäß dem „Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ von 1952 zu einem Ehrengräberfeld. Ein Jahr später wurde eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer angebracht mit der Inschrift „Hier ruhen Fliegeropfer russischer Nation 1939-1945“.
Mangels Quellen waren bis 2014 keine Details zu den 94 dort bestatteten Personen bekannt. Die Durchsicht neu zugänglicher Beerdigungslisten durch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) im Jahr 2014 brachten jedoch neue Erkenntnisse hervor. Entgegen der Information auf der Gedenktafel an der Friedhofsmauer handelt es sich nicht um Opfer von Bombardierungen, nur drei der 94 Personen waren eindeutig als Tote bei Luftangriffen registriert. Zu zwei Dritteln der Begrabenen fehlt die Angabe einer Todesursache, ihr Sterbedatum liegt jedoch – bei zwei Ausnahmen – nicht an Tagen oder in deren Nähe für die Luftangriffe auf Karlsruhe verzeichnet sind. Für 20 Personen ist hingegen vermerkt, dass sie im Arbeitserziehungslager Karlsruhe bei Fluchtversuchen oder in Folge von Krankheiten ums Leben gekommen sind. Es kann daher vermutet werden, dass dies auch für andere der hier Bestatteten gilt.
Über das Arbeitserziehungslager in Karlsruhe ist bisher nur bekannt, dass es von Oktober 1942 bis Frühjahr 1944 in der Fautenbruchstraße/ Ecke Mittelbruchstraße bestand und dass die Häftlinge u.a. zu Arbeiten auf Bahnanlagen, beim Bunkerbau oder zu Aufräumarbeiten nach Luftangriffen eingesetzt wurden.
Unterzeichnet von:
Michael Borner, Jorinda Fahringer, Renate Rastätter, Verena Anlauf
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