Junge Menschen unterstützen – Ausbildung in Pandemie-Zeiten sofort und deutlich stärken

Antrag – zur Beratung im Gemeinderat

  1. Das Jobcenter stellt ein aktuelles intensives Corona-Sofortprogramm auf, um 18-25-Jährige gezielt – teilweise mit intensiven Einzel-Coaching-Angeboten – auf eine Ausbildung oder auf ausbildungsähnliche Schulungen vorzubereiten.
  2. Dabei werden auch „Einstiegsqualifizierungen“ (EQ, Instrument im SGB III) sowie „Assistierte Ausbildungen“, durch die Jugendliche an eine praxisnahe Ausbildung herangeführt werden, deutlich ausgebaut.

Begründung/Sachverhalt

Hinweise, u.a. der paritätischen Sozialdienste, Befragungen der Bertelsmann-Stiftung und anderer Fachleute machen in besorgniserregender Weise deutlich, dass chancenarme Jugendliche mit niedrigen oder fehlenden Schulabschlüssen in Gefahr sind, durch die Pandemie weniger häufig einen Ausbildungsplatz zu finden oder an einer ausbildungsvorbereitenden Schulung teilzunehmen. Die Gefahr ist, dass ein größerer Teil als bisher „verloren geht“. Auf dieses Thema muss das Jobcenter durch gezielte und aktuelle Anstrengungen auch vorausschauend reagieren.

Durch die Pandemie sind die Angebote der Berufsberatung und anderer Vermittlungsstellen weggefallen oder eingeschränkt worden. Individuelle Kontakte zu z.B. vertrauten Personen, wie zu Lehrer*innen, konnten durch digitale Zugänge nicht ausgeglichen werden. Ein Teil der Jugendlichen hatte wenig oder kaum Kontakt zu Unterrichtenden der allgemeinbildenden oder berufsvorbereitenden Schulen bzw. Angeboten.

2020 waren in Deutschland 11 % weniger Ausbildungsplätze registriert als 2019. Selbst wenn dieser Einbruch in Karlsruhe weniger stark sein sollte, ist es allerdings von großer Bedeutung, wie die Jugendlichen selbst ihre Situation einschätzen.

Laut der Bertelsmann-Stiftung von 2020: „Ausbildungsangebot: Ein Drittel der Befragten (33 %) hat den Eindruck, es gebe zu wenig Ausbildungsplätze, bei jungen Menschen mit niedriger Schulbildung ist es sogar fast die Hälfte (44 %)“ (siehe S. 6).

Der Bildungs- und Jugendforscher Klaus Hurrelmann fasst eine Befragung von 2021 so zusammen, dass die Corona-Pandemie eine Bruchlinie innerhalb der jungen Generation nochmals verschärft habe. 30 % der Jugendlichen und insbesondere der chancenarmen Jugendlichen sehen wenig Chancen, in diesem Land Anschluss zu finden. Ein wachsender Anteil ist laut Befragung zudem für ein autoritäres, teilweise sogar antidemokratisches Staatsverständnis zugänglich (https://jungedeutsche.de/junge-deutsche-2021/).

Zentrales Ziel ist es, diesen Jugendlichen sofort Zugänge zu Ausbildungen anzubieten. Dazu gehört, deutlich zusätzliche Unterstützungs- und Begleitungsmöglichkeiten für diesen Herbst anzubieten und möglichst eine individuelle Begleitstruktur während der Ausbildung weiter auszubauen.

Der Zugang der Einstiegsqualifizierungen (EQ, Instrument im SGB III) könnte ausgebaut werden, um mehr jungen Menschen den praxisnahen Zugang zu z.B. auch systemrelevanten Berufen zu verschaffen. Außerdem könnte die Unterstützungsleistung der Assistierten Ausbildung (§ 74 SGB III und § 74 SGB III i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II) ausgebaut und schon durch Angebote während der einjährigen Helfer*innenausbildung könnten zusätzliche Übergänge in die Fachkraftausbildung ermöglicht werden.

Für die Unterstützung der Ausbildungsvorbereitung ist eine Hilfe ab sofort über die Sommerferien dringend nötig.

Unterzeichnet von:

Verena Anlauf, Michael Borner, Christine Großmann, Renate Rastätter, 
Niko Riebel, Benjamin Bauer, Aljoscha Löffler

In der Gemeinderatssitzung am 27.07.21 wurde der Antrag vertagt.

Beraten in der Gemeinderatssitzung am 28.09.21/TOP32.

Wir sind mit der Stellungnahme nicht einverstanden: Es gibt viele Maßnahmen, aber gerade benachteiligte Jugendliche wurden mit ihnen nicht erreicht. Wir möchten zur Situation in Karlsruhe nähere Informationen erhalten und haben den Antrag daher in den Sozialausschuss verweisen lassen.

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