TTIP, TISA und CETA: Transparenz und Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge

Antrag

  1. Der Gemeinderat bittet den Deutschen Städtetag, sich gegenüber Bundesregierung und EU-Kommission dafür einzusetzen, dass
    • ab sofort eine Vertretung der deutschen Kommunen an den Verhandlungen und Gesprächen über TTIP, TISA und CETA teilnimmt und die kommunalen MandatsträgerInnen über alle für sie relevanten Verhandlungsinhalte informiert
    • die Interessensverbände der Kommunen und die kommunalen MandatsträgerInnen ausgehandelte Vertragstexte rechtzeitig vor deren Verabschiedung zur Prüfung und Stellungnahme erhalten
    • die Interessensverbände der Kommunen vor der Abstimmung über TTIP, TISA, und CETA die Möglichkeit zur Stellungnahme und Diskussion vor dem Bundestag und vor dem EU-Parlament erhalten.
    • bei den Verhandlungen und Entscheidungen zu TTIP, TISA und CETA dafür Sorge getragen wird, dass europäische Umwelt-, Gesundheits- und Sozialstandards nicht über eine Investitionsschutzklausel oder andere Festlegungen ausgehebelt werden können
  2. Der Gemeinderat begrüßt und unterstützt die Forderung des Deutschen Städte-tags, die öffentliche Daseinsvorsorge inklusive der öffentlichen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abfallentsorgung, ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie Kultur vom Geltungsbereich der Freihandelsabkommen auszuschließen.
  3. Die Stadt Karlsruhe befördert aktiv die öffentliche Diskussion über TTIP, TISA und CETA inklusive möglicher Auswirkungen auf die Kommunen. Als erste Schritte er-folgen hierzu eine öffentliche Bürgerinformation und eine Darstellung in der Stadtzeitung.

Sachverhalt/Begründung

Seit Anfang 2013 wird zwischen der EU und den USA über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) verhandelt mit dem Ziel, die transatlantischen Handelsbeziehungen zu vertiefen. Das Abkommen soll nach Vertragsabschluss für alle Mitgliedsstaaten bindend sein und damit Anwendungsvorrang vor europäischen Verordnungen und Richtlinien, sowie nationalem Recht haben. Für ein entsprechendes Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) liegt bereits ein Verhandlungsergebnis vor, dessen Inhalte bisher aber geheim gehalten werden.

Die Verhandlungen verliefen bisher sehr intransparent, was auch vom Deutschen Städtetag massiv kritisiert wird. Je nach Ausgestaltung und Wortlaut des Abkommens, können Teile der kommunalen Daseinsvorsorge unter den Anwendungsbereich der Handels- und Investitionspartnerschaft fallen. So könnte u.a. eine Marktzugangsverpflichtung dazu führen, dass neben kommunalen auch private Unternehmen Aufgabe der Daseinsvorsorge wahrnehmen können müssen. Dies gilt ebenso für das seit Juni 2013 von der EU-Kommission verhandelte „Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen“ (Trade in Services Agreement – TISA), das nationale Dienstleistungsmärkte öffnen soll.

Darüber hinaus wird vermutet, dass Investitionsschutzklauseln, mit Hilfe derer Unternehmen entgangene Gewinne einklagen können, Teil der Verhandlungen mit möglicherweise gravierenden Folgen auch für die Kommunen sind.

Eine Gefährdung der kommunalen Daseinsvorsorge wird bei allen neuen Handelsabkommen auch darin gesehen, dass sie über das geltende Recht der Welthandelsorganisation, also über GATS hinausgehen und die dort enthaltene Beschränkung auf bestimmte Sektoren aushebeln.

Die Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge sowie ihre Möglichkeiten, die lokale Daseinsvorsorge demokratisch legitimiert zu gestalten, dürfen nicht angetastet werden. Deshalb ist es wichtig, dass bei den Verhandlungen zu TTIP, TISA und bei den noch anstehenden Entscheidungen zu CETA die notwendige Transparenz hergestellt und eine umfassende Vertretung kommunaler Interessen gewährleistet wird.

Die Stadt Karlsruhe sollte zudem über eine eigene Informationsoffensive zur Aufklärung über mögliche Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Kommunen beitragen. Für weitere Informationen siehe auch http://www.staedtetag.de/fachinformationen/wirtschaft/068853/

Unterzeichnet von:

Bettina Lisbach     Dr. Ute Leidig     Daniela Reiff     Renate Rastätter      Zoe Mayer

Johannes Honné     Alexander Geiger      Michael Borner      Joschua Konrad

Stellungnahme der Stadtverwaltung für die Gemeinderatssitzung am 23.09.2014

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