Redebeitrag von Stadtrat Aljoscha Löffler zu TOP 23 im Gemeinderat am 19.10.2021
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleg*innen,
das Programm für Aktive Mobilität ist die Weiterentwicklung des Radverkehrsprogramms von 2005. Es ist aber nicht einfach ein Weiter-So, sondern es werden neue Prämissen gesetzt, um den Stadtraum gerechter aufzuteilen. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem ausschließlich Pull-Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs nicht mehr ausreichen. Es sind gleichermaßen Push-Maßnahmen im Sinne einer neuen Flächenverteilung erforderlich.
Die Erfahrung aus dem alten Radverkehrsprogramm zeigt, dass wir einerseits die Ziele bezogen auf den Radverkehrsanteil übertroffen haben. Andererseits stellen wir immer mehr fest, dass die Infrastruktur den Anforderungen nicht nachkommt. Beispielsweise werden viele Fahrradstraßen ihrem Anspruch nicht gerecht. Sie sind zugeparkt, es gibt unübersichtliche Kreuzungssituationen. Der Radverkehr wird auf die Gehwege gedrängt und es ergeben sich Konflikte mit Fußgänger*innen.
Mit diesem Programm werden nun die Belange der Fußgänger*innen stärker in den Fokus gerückt. Denn Zu-Fuß-Gehen ist die Basismobilität. Egal, ob man danach ins Auto oder in die Straßenbahn steigt oder den ganzen Weg zu Fuß geht. Hier müssen Konfliktsituationen reduziert werden und Straßenräume aus Sicht der Menschen und nicht mehr aus Sicht der Leistungsfähigkeit des Autoverkehrs gestaltet werden.
Wenn wir dieses Programm beschließen liegen die eigentlichen Aufgaben aber noch vor uns. Der Personal- und Finanzbedarf ist noch offen. Die Ziele für die Netzumsetzung des Radverkehrs können noch nicht klar benannt werden, weil der heutige Status nicht bekannt ist.
Darüber hinaus sind in diesem Programm noch einige Streitpunkte offengelassen worden, für die kein gemeinsamer Kompromiss gefunden wurde: Flächengerechtigkeit, Bevorrechtigung der aktiven Mobilität bzw. des Umweltverbunds, die Ziele zur CO2-Reduktion und zum Modal Split, die Notwendigkeit von Push-and-Pull-Maßnahmen, Autofreiheit von Fahrradstraßen.
Selbst wenn diesem Konzept nun eine große Mehrheit zustimmt, gibt es noch einige Akteur*innen, die die wesentlichen Ziele bisher abgelehnt haben. Mit einer Zustimmung zu diesem Programm sollte auch eine klare Unterstützung der sich daraus ableitenden Maßnahmen und Beschlüsse folgen. Wir werden für die aktive Mobilität und die Klimabilanz des Verkehrs nichts erreichen, wenn wir den Platz und die Leichtigkeit des Autoverkehrs nicht beschränken.
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