- Wie hoch ist der Fehlbedarf an Kitaplätzen in Karlsruhe für
a. (neu) zugewanderte Kinder mit Sprachförderbedarf bzw. aus Haushalten mit nicht-deutscher Familiensprache,
b. für Kinder mit besonderen Bedarfen,
c. bei Kindern unter drei Jahren und
d. bei Kindern über drei Jahren? - Welche Hindernisse für den Zugang zur frühkindlichen Bildung sieht die Stadtverwaltung bei den genannten Gruppen? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um diese zu beseitigen?
- Wie ist der aktuelle Sachstand bei der Erarbeitung transparenter, einheitlicher und sachgerechter Kriterien für Vergabe von Kitaplätzen durch den Arbeitsausschuss Karlsruher Kita-Träger (Vorlagen-Nr.: 2022/2475)?
- Wie stellt die Verwaltung sicher, dass ausreichend Plätze für Kinder mit besonderen Bedarfen vorgehalten werden? Welche Möglichkeiten hat die Stadtverwaltung, die Träger zu verpflichten, dieses Platzangebot vorzuhalten?
- Was ist der Sachstand des Pilotprojekts Kita-Lots*innen? Ist eine Ausweitung des Angebots aus Sicht der Verwaltung sinnvoll oder bereits in Planung?
- Wie können Bedingungen geschaffen werden, damit die bewährte alltagsintegrierte Sprachförderung vor allem in den Kindertageseinrichtungen umgesetzt werden kann, in denen die Mehrzahl der Kinder als Familiensprache nicht Deutsch spricht?
- Wie werden die bestehenden Weiterbildungsangebote zur Fachkraft für Sprachförderung in Karlsruhe (z.B. an der Pädagogischen Hochschule) von Erzieher*innen angenommen? Ist die Kapazität des Kursangebots ausreichend?
- Wie werden Erzieher*innen von Seiten der Stadtverwaltung bei ihrer Zusatzausbildung unterstützt bzw. welche Unterstützungsangebote könnte die Zahl der Weiterbildungen erhöhen?
- Sieht die Stadtverwaltung die Möglichkeit, Kita-Gruppen, in denen mehrheitlich Kinder mit Sprachförderbedarf vertreten sind, zu verkleinern bzw. mit mehr Personal auszustatten (sozialindexbasierte Ressourcenzuweisung analog zum Startchancenprogramm bei der Grundschule), um die Interaktion zwischen den Fachkräften und den Kindern deutlich zu verdichten?
- Welche Möglichkeiten haben Kita-Träger, die Zusammensetzung ihrer Gruppen so zu gestalten, dass die Verkehrssprache Deutsch bestärkt und die Verteilung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache ausgewogener wird?
Begründung/Sachverhalt
Einschulungsuntersuchungen des Gesundheitsamtes Karlsruhe 2021 – 2022 zeigen, dass 31 Prozent der Karlsruher Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren Sprachförderbedarf haben. 91 Prozent dieser Kinder haben Migrationshintergrund bzw. als Familiensprache nicht (nur) Deutsch.
In der frühkindlichen Bildung wird das Fundament für eine erfolgreiche Bildungskarriere gelegt: Entscheidend für die Bildungsgerechtigkeit sind die ersten sechs Lebensjahre. In diesem Alter entstehen die größten Bildungsunterschiede. Für den Bildungserfolg sind gute Sprachkompetenzen unerlässlich. Unzureichende Deutschkenntnisse wirken sich langfristig negativ auf Bildungs- und Teilhabechancen aus. Deshalb muss die Vermittlung sicherer deutscher Sprachkenntnisse schon sehr früh begonnen und abgesichert werden.
Regelmäßig belegen Studien, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien und mit einem erhöhten Sprachförderbedarf am meisten von einem frühen Besuch von Kindertageseinrichtungen profitieren und sich dadurch herkunftsbezogene Unterschiede verringern können. Kinder mit einer anderen Familiensprache erhalten in der Kita häufig erstmals Gelegenheit, die deutsche Sprache von Grund auf zu lernen. Bis zur Einschulung sollte diese wertvolle Zeit umfassend genutzt werden, auch um eine spätere spezialisierte und exklusive Förderung überflüssig zu machen.
Gerade diese Kinder sind aber wesentlich stärker von fehlenden Betreuungsplätzen betroffen. Kinder aus armutsgefährdeten Familien und Kinder, bei denen zu Hause überwiegend kein Deutsch gesprochen wird, besuchen demnach seltener bzw. zu einem späteren Zeitpunkt eine Kindertagesstätte als andere Kinder. Insbesondere der Anteil von Kindern mit Migrationsgeschichte in U3-Gruppen ist deutlich schwächer als der von Kindern ohne Migrationshintergrund. In der Familienumfrage der Verwaltung von 2017 zeigte sich auch bei Ü3-Kindern aus ausländischen Familien eine schlechtere Versorgungslage: 65,7 Prozent gegenüber 80,9 Prozent bei Befragten ohne Migrationshintergrund.
Mögliche Gründe könnten Informationsdefizite bzw. familiäre Einstellungen der Eltern sein. Ein wesentliches Unterstützungsangebot ist hier das Projekt Muttersprachliche Kitalots*innen. Eine entscheidende Rolle spielen aber auch die Kriterien der Platzvergabe bei den Trägern.
Unterzeichnet von:
Dr. Iris Sardarabady, Benjamin Bauer, Verena Anlauf, Jorinda Fahringer
Die Anfrage wurde am 18.02.2025 in Gemeinderat behandelt. Die dazugehörige Stellungnahme der Stadtverwaltung finden Sie hier.
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