Anfrage
Inwieweit wird eine Kultur des Umgangs mit Kund*innen gepflegt, welche das Ziel verfolgt, dass die Menschen gern und zuversichtlich ins Jobcenter gehen, weil sie wissen, dass sie eine respektvolle und vertrauenswürdige Beratung und Förderung auf Augenhöhe erhalten?
Wenn ja, wie wird diese Kultur gepflegt? Inwieweit wird z.B. bei Leistungsmitteilungen auf deeskalierende respektvolle Formulierungen geachtet? Werden ausreichende und verpflichtende Schulungen für Mitarbeiter*innen des Jobcenters angeboten, die praxisnah deeskalierendes Verhalten trainieren? für Sachbearbeiter*innen in der Leistungsabteilung für die persönlichen Betreuer*innen Erhalten die Kund*innen in ausreichendem Maß Unterstützung, wenn sie Hilfe beim Ausfüllen eines Antrags benötigen bzw. den Antrag nicht verstehen? Sind alle Formulare des Jobcenters in Leichter Sprache bzw. in häufig genutzten Sprachen erhältlich?
Wenn nein: ist daran gedacht, diese dementsprechend einzuführen? Werden die Mitarbeiter*innen des Jobcenters ausreichend vor Be-schimpfungen und vor tätlichen Angriffen geschützt? Wie wird dies sichergestellt? Haben die Mitarbeiter*innen in ausreichendem Maß die Möglichkeit, in Supervisionen oder ähnlichen Einzel- oder Gruppenangeboten erlebte Situationen, Bedrohungen und Beschimpfungen aufzuarbeiten?
Sachverhalt/Begründung
Der Beratungserfolg des Jobcenters hängt überwiegend vom Selbstverständnis der Institution ab und davon, wie diese wahrgenommen wird. Menschen, die auf Augenhöhe behandelt werden, sind eher offen für neue Wege.
Teilweise wird in Mitteilungen, beispielsweise zu Unterkunftsberechnungen, der eskalierend wirkende Satz verwendet: „Sie haben sich bereichert.“ Wenn sich dann herausstellt, dass sich die Kund*innen nicht „bereichert“ haben, sondern das Jobcenter einen Fehler in seiner Berechnung gemacht hat, dann wird dies häufig ohne eine Entschuldigung mitgeteilt. Dies wirkt sich z.B. bei Kund*innen, die ein schwaches Selbstbewusstsein oder eine psychische Erkrankung haben, deaktivierend aus. Häufig sind Bedarfsberechnungen kompliziert und benötigen eine geduldige Erläuterung. Oder Kund*innen sehen eine rechtlich korrekte Entscheidung nicht ein, weil sie dadurch z.B. existenzielle Probleme auf sich zukommen sehen.
Für solche und andere Beratungssituationen ist es wichtig, dass regelmäßige Schulungen zu deeskalierendem Verhalten angeboten werden. Deeskalierend wirkt es sich schon aus, wenn die Menschen die Aussagen sprachlich und inhaltlich verstehen.
Für eine wertschätzende und deeskalierende Kultur im Jobcenter ist es grundlegend, dass die Mitarbeitenden effektiv vor Kund*innen geschützt werden, die sich respektlos oder sogar gefährlich verhalten. Zum Schutz der Mitarbeitenden gehört auch, dass sie derartige Angriffe zeitnah in professionellen Supervisionen aufarbeiten können.
Unterzeichnet von:
Verena Anlauf, Michael Borner
Die Anfrage wurde in der Gemeinderatssitzung am 28.07.2020 unter TOP 19 behandelt.
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