Konkrete Hilfe statt ideologischer Prinzipienreiterei

Auf Initiative der CDU-Fraktion brachten in der vergangenen Gemeinderatssitzung die Fraktionen der CDU, SPD, FDP, KAL/DIE PARTEI, FÜR KA/FW einen gemeinsamen Antrag ein: Personen, die mobilitätseingeschränkt sind, solle ganztägig die Beförderung zu den über zwanzig Facharztpraxen in der Kaiserstraße ermöglicht werden.

Die Fraktionen reagierten auf einen Missstand, auf den der Beirat für Menschen mit Behinderungen aufmerksam gemacht hatte: Mobilitätseingeschränkte Patientinnen und Patienten können nur bis 11 Uhr zu den Praxen befördert werden, weil die Kaiserstraße in dem Bereich Fußgängerzone ist. Arzttermine ausschließlich vor 11 Uhr zu terminieren ist jedoch unrealistisch. Auch kann sich der kürzeste Fußweg in manchen Fällen als unüberwindbares Hindernis erweisen. Darf es aber sein, dass mobilitätseingeschränkte Personen die ihnen vertrauten Ärzte nicht mehr aufsuchen können, weil diese für sie nicht mehr erreichbar sind? Eine solche Situation läuft dem Recht auf freie Arztwahl zuwider.

Von acht Fraktionen sprachen sich sieben für unser interfraktionelles Anliegen aus. Lediglich die Grünen waren dagegen. Daraufhin brachte die Verwaltung die Notwendigkeit einer Satzungsänderung vor. Diese forderten die sieben Fraktionen ein. Satzungsänderung vorausgesetzt, können Bürgerinnen und Bürger, die auf einen Rollstuhl oder auf einen Rollator angewiesen oder in anderer Weise schwer in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, also demnächst von Fahrdiensten oder Taxis bis zu den Fachärzten in der Kaiserstraße gebracht werden, und zwar ganztägig. Wenn es erforderlich ist, können sie sogar bis in die Arztpraxis hinein begleitet werden.

Es ist zu hoffen, dass die entsprechende Satzungsänderung bereits im Juni Gültigkeit erhalten wird. Dann wird im Gemeinderat über eine Satzungsänderung zugunsten der coronageschwächten Gastronomie abgestimmt. Da die Verwaltung die Einleitung des Verfahrens zur Änderung der Sondernutzungsgebührensatzung und des Gebührenverzeichnisses veranlasst hat, kann in diesem Kontext auch eine zeitnahe Umsetzung der Satzungsänderung erfolgen.

Ich bin sehr erleichtert, dass der Gemeinderat die Weichen gestellt hat, die derzeitige unhaltbare Situation zu beenden. Der Erfolg zeigt, dass man gemeinsam etwas bewegen kann, um Menschen vor Ort konkret zu helfen. Ein Erfolg, der weiter in Richtung einer inklusiven Gesellschaft weist.

Warum aber stimmten die Grünen nicht für das Vorhaben? Kurz gesagt: Weil eine Beförderung zu den Arztpraxen in der Kaiserstraße nicht zum grünen Konzept der autofreien Innenstadt passt. Das macht deutlich, wie sehr das Festhalten an Ideologien die Gefahr in sich birgt, blind für die Bedürfnisse der Menschen zu werden. Es ist jedoch immer der Mensch, der im Mittelpunkt der Politik stehen muss. Diese Maxime muss täglich verteidigt werden. Konkrete Hilfe zählt mehr als ideologische Prinzipienreiterei.

Karin Wiedemann