Antrag

GRÜNE Gemeinderatsfraktion

vom: 14.02.2006

eingegangen: 14.02.2006

26. Sitzung des Gemeinderates am 25.07.2006
TOP 9

Vorlage Nr. 753
Öffentlich  X           Nichtöffentlich
verantwortlich Dez. 4

Wirtschaftlichkeitsvergleich bei Anmietungen für städtische Nutzungen


Stellungnahme des Bürgermeisteramtes - Kurzfassung -

Um die für städt. Nutzungen benötigten Räumlichkeiten bereitzustellen, sind verschiedene Beschaffungsvarianten möglich. Neben der Eigenbeschaffung (Erwerb oder Neuerstellung eines Gebäudes durch die Stadt) kommt vor allem auch die Anmietung von Privaten in Frage. Welche Beschaffungsvariante letztendlich realisiert wird, ist von den örtlichen Gegebenheiten (z.B. dem Vorhandensein eines städt. Grundstücks), den auf dem Immobilienmarkt angebotenen Objekten und dem Ergebnis des Wirtschaftlichkeitsvergleichs abhängig.

Dabei muss jeder Einzelfall gesondert betrachtet und bewertet werden. Die in diesem Zusammenhang zu erstellende Wirtschaftlichkeitsberechnung wird künftig, entsprechend dem vorliegenden Antrag, den Gemeinderatsvorlagen zur Genehmigung von Mietvertragsabschlüssen beigefügt. Damit wird die Wirtschaftlichkeit der Anmietung im Vergleich zu anderen Beschaffungsvarianten im jeweiligen Einzelfall nachgewiesen.

 

Finanzielle Auswirkungen nein  X                ja

Gesamtaufwand der
Maßnahme

Einnahmen
(Zuschüsse u. Ä.)

Finanzierung durch
städtischen Haushalt

Jährliche laufende Belastung (Folgekosten mit kalkulatorischen Kosten abzügl. Folgeerträge und Folgeeinsparungen)

Haushaltsmittel stehen nicht zur Verfügung

Ergänzende Erläuterungen:

 

Anhörung Ortschaftsrat (§ 70 Abs. 1 GemO)

 

nein x     ja

 

durchgeführt am

Abstimmung mit städtischen Gesellschaften

nein x     ja

abgestimmt mit

 

Für die städt. Nutzungen muss meist eine ortsnahe Lösung gefunden werden; insbesondere bei Kindertagesstätten ist dies der Fall. Somit ist hier die Neuerstellung eines Gebäudes durch die Stadt nur dann realisierbar, wenn in dem in Frage kommenden Bereich ein geeignetes städt. Grundstück vorhanden oder ein Erwerb möglich ist. Dies ist nicht immer der Fall, so dass die Anmietung oft die einzige Möglichkeit ist, den bestehenden Raumbedarf zu befriedigen. Dabei mietet die Stadt meist nur Teilbereiche eines Gebäudes an, die entsprechend den städt. Vorgaben hergestellt werden; die übrigen Flächen werden anderweitig genutzt und vom Eigentümer an Dritte vermietet.

In der Vergangenheit hat die Stadt von allen möglichen Beschaffungsvarianten Gebrauch gemacht. So wurden Kindertagesstätten auf eigenen Grundstücken errichtet (z.B. Wettersteinstr. 16a in Wolfartsweier, Welfenstr. 30a in der Südweststadt); es wurden aber auch einige Objekte von Investoren (z. B. Kanalweg 92 in der Nordstadt, Ellmendingerstr. 4 in Durlach) angemietet.

Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist mit entscheidend, für welchen Zeitraum die Räumlichkeiten benötigt werden und welche Folgenutzung am betreffenden Standort möglich ist. Gerade bei Kindertagesstätten ist auf Stadtteilebene nicht vorhersehbar, inwieweit der derzeitige Raumbedarf in vollem Umfang anhält. Nach den vorliegenden Vorausrechnungen des Amtes für Stadtentwicklung ist generell von einem Rückgang der Kinderzahlen auszugehen, so dass dann in einzelnen Stadtteilen der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen rückläufig sein wird und einige Standorte wieder aufgegeben oder zusammengefasst werden müssen. Die Anmietung ist deshalb von Vorteil, weil die Räumlichkeiten nach Ablauf des Mietverhältnisses an den Eigentümer zurückgegeben werden können. Bei eigenen Gebäuden muss entweder ein Käufer oder eine entsprechende Nachfolgenutzung gefunden werden.

Am Beispiel der viergruppigen Kindertagesstätte "Im Blumenwinkel" (Pfaffstraße) in Durlach soll nun dargestellt werden, wie sich die Anmietung im Erdgeschoss des Wohngebäudes (nach Vorgabe des Raumprogramms der Stadt Karlsruhe) im Vergleich zur Eigenerstellung wirtschaftlich auswirkt:

 

1. Anmietung

Der Mietvertrag hat eine Laufzeit von 20 Jahren mit Verlängerungsoption. Die Miete wird entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreisindex) angepasst; angenommen wurde eine Anpassung alle 5 Jahre in Höhe von 7,5 %. Die Bauunterhaltung liegt beim Eigentümer; seitens der Stadt sind lediglich die Schönheits- und Kleinreparaturen durchzuführen. Hierfür ist ein Jahresbetrag von 9,23 €/m² anzusetzen, der sich ebenfalls alle 5 Jahre um 7,5 % erhöht.

 

2. Eigenerstellung

Es ist von Gesamtbaukosten in Höhe von rd. 1.290.000 € sowie Grundstückskosten von 340.000 € auszugehen (z. B. Wettersteinstr. 16 a in Wolfartsweiter). Der Gesamtbetrag von rd. 1,63 Mio. € ist in voller Höhe über den Haushalt zu finanzieren. Ferner obliegt der Stadt die gesamte Bauunterhaltung, also auch die Schönheits- und Kleinreparaturen des Gebäudes.

Bei der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Eigenerstellung wurde von folgenden Eckdaten ausgegangen:

Um die bei den beiden Alternativen anfallenden Kosten vergleichen zu können, ist die Fälligkeit der einzelnen Zahlungsverpflichtungen und der sich daraus ergebende "Zinses-Zins-Effekt" zu berücksichtigen. Bei der Eigenerstellung fallen ein großer Teil der Gesamtkosten, nämlich die Baukosten und die Grundstückskosten (= rd. 1,63 Mio. €), bereits vor Nutzungsbeginn an. Bei der Anmietung dagegen sind die Mietzahlungen über die gesamte Vertragslaufzeit verteilt. Der sich daraus ergebende Zinsvorteil findet bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich nach den Prinzipien der dynamischen Investitionskostenrechnung seine Berücksichtigung. Das Grundprinzip dieses Berechnungsverfahrens ist, dass Zahlungsverpflichtungen, die zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen, durch Umrechnung auf einen einheitlichen Bezugszeitpunkt (= Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. Zeitpunkt der Gebäudeerstellung) vergleichbar gemacht werden (Barwertmethode).

a) Nutzungsdauer von 20 Jahren

Nachdem der Bedarf für die Kindertageseinrichtung in Durlach voraussichtlich nur für 20 Jahre besteht und der Mietvertrag auch eine entsprechende feste Laufzeit hat, werden in einem ersten Schritt die sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Kapitalwerte verglichen:

â Anmietung 1.362.042 €

â Eigenerstellung 1.596.401 €

Die Anmietung ist damit zunächst um 234.359 € bzw. 14,7 % günstiger als die Eigenerstellung.

Hierbei ist der Wert des Gebäudes nach einer Nutzungsdauer von 20 Jahren und der Wert des Grundstücks noch nicht berücksichtigt.

Weitere Vorteile der Anmietung, die beim Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht berücksichtigt werden konnten:

å Auf demographische Entwicklungen -auch bezogen auf einzelne Standorte- kann besser reagiert werden.

å Die Eigenerstellung setzt in der Regel ein eigenes Baugrundstück voraus. Bei der Anmietung ist dies nicht erforderlich. Hier können auch Projekte ohne Grundbesitz der Stadt realisiert werden. Gerade bei Kindertageseinrichtungen, die standortgebunden sind, ist oft das notwendige städt. Gelände nicht vorhanden. Die Anmietung ist dann die einzige Möglichkeit, um die dringend benötigten Räumlichkeiten zu schaffen.

b) Nutzungsdauer 50 Jahre

Sofern nach 20 Jahren noch ein Bedarf an der Kindertageseinrichtung besteht, kann der Mietvertrag entsprechend verlängert werden. In der nun folgenden Betrachtungsweise wurde eine Nutzungsdauer von 50 Jahren angenommen, in der das Gebäude dann auch abgeschrieben sein wird. Dabei ergeben sich folgende Kapitalwerte:

â Anmietung 2.249.441 €

â Eigenerstellung 2.709.112 €

Bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren ist die Anmietung um 459.671 € bzw. 17 % günstiger als die Eigenerstellung.

Hierbei ist zwar auch der Grundstückswert und ein am Markt evtl. noch zu erzielender Kaufpreis für das buchhalterisch abgeschriebene Gebäude nicht berücksichtigt. Dies wird jedoch den wirtschaftlichen Vorteil der Anmietung nicht grundlegend verändern. Andererseits ist bei notwendiger Baureifmachung des Grundstücks durch die entstehenden Abbruchkosten sogar der Grundstückswert eingeschränkt.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die kapitalisierten Gesamtkosten der Anmietung zu keinem Zeitpunkt die Kosten der Eigenerstellung überschreiten.